Philipp Michel von TUI: Was Flugzeuge einem über Markenführung lehren
Philipp Michel leitet das globale Brand Team bei TUI und verantwortet die wichtige Aufgabe, die Markenidentität der Marke TUI zu steuern. Während seiner Amtszeit ist er für die Definition des Erscheinungsbildes und der Erfahrung der Marke an einer Vielzahl von Kundenkontaktpunkten verantwortlich, die Websites, Apps, Einzelhandelsgeschäfte, Flugzeuglieferungen, Transferbusse und Kundendienstteams umfassen.
Erfahrt, warum Philipp die Bedeutung einer starken Markeninfrastruktur für ein konsistentes Markenerlebnis hervorhebt. Technologie und Zusammenarbeit spielen eine Schlüsselrolle bei der Zukunftssicherung der Marke TUI, wobei Tools wie BrandHub und das DAM-System zum Einsatz kommen. Gewinnt wertvolle Einblicke aus Philipps 13-jähriger Erfahrung in der Verbindung von Markenerlebnis und einem funktionalen Markenportal.
Philipp, was bedeutet Markeninfrastruktur für dich und ist sie ein zentraler Bestandteil einer starken Marke?
Markeninfrastruktur bedeutet, Zugang zu allem zu gewähren, was für die Arbeit mit der Marke benötigt wird. Dazu gehören Informationen über die Markengeschichte, die Strategie, die Architektur, die Assets und die Markencodes, die Farben, die Layouts und der Tonfall. Es ist wichtig, einen zentralen Speicherort zu haben, an dem alle – einschließlich interner und externer Beteiligter – auf diese Informationen zugreifen können. Wir wollen sicherstellen, dass alle, die mit der Marke TUI arbeiten, eine einheitliche Basis haben und wissen, was sie brauchen, um ein konsistentes und professionelles Markenerlebnis zu schaffen. Wir öffnen unseren Brand Hub für alle, mit denen wir zusammenarbeiten, denn wir wollen, dass alle unsere Marke so verstehen und mit ihr arbeiten, wie sie sein soll. Das ist der Grundstein für die Umsetzung und Entwicklung eines professionellen Markenerlebnisses.
Welche Rolle spielt Technologie für die Zukunftssicherheit der Markeninfrastruktur
Für uns im Brand Management-Team ist es stets eine Herausforderung, das richtige Gleichgewicht zwischen Konsistenz und Flexibilität zu finden. Die Technologie hilft uns dabei, genau das zu erreichen. Früher haben wir lediglich PDF-Richtlinien verschickt, und jeder musste die Dinge auf dieser Grundlage neu aufbauen. Jetzt haben wir eine digitale Plattform, die nicht nur Richtlinien und Assets bereitstellt, sondern auch Selbstbedienungsfunktionen für Kolleg:innen bietet, um Materialien an ihre lokalen Bedürfnisse anzupassen und gleichzeitig die Kontrolle über die Markenstandards zu behalten. Wir können eine Vorlage einrichten, aber anderen Leuten erlauben, sie zu lokalisieren und mit den Assets so gut wie möglich zu arbeiten, während wir weiterhin die Kontrolle über die Marke behalten.
Da TUI ein Unternehmen ist, das sich aus vielen verschiedenen Orten und Märkten zusammensetzt, konzentrieren wir uns darauf, unseren MarTech-Stack fokussiert zu halten, indem wir in erster Linie die TUI BrandHub-Plattform [Frontify] mit verschiedenen Marken nutzen – ein Multimarken-Setup mit einer Hauptmarke, Kreuzfahrtgesellschaften, Hotelgesellschaften und so weiter. Die einzige zusätzliche Plattform, die wir nutzen, ist das Digital Asset Management System für die Speicherung von Bild- und Videodateien.
Wie arbeitet ihr mit anderen Abteilungen zusammen, um eine kohärente, effiziente Markeninfrastruktur zu erhalten?
Wir haben zwei Kernteams: das globale Brand Team und das globale Content Team. Beide arbeiten eng mit Vertreter:innen der verschiedenen Märkte und Geschäftsbereiche zusammen. Wir führen regelmäßig Gespräche und tauschen uns persönlich aus, um uns auf die Anforderungen und Bedürfnisse der einzelnen Märkte und Geschäftsbereiche einzustellen. Zusammenarbeit ist essentiell, und wir bemühen uns, diese Netzwerke lebendig zu halten.
Wie ist eure Marke auf globaler und lokaler Ebene organisiert?
Wir haben eine glokale Struktur. Wir haben ein globales Team, das den Markenrahmen [Framework], die Strategie und die Identität definiert – in verschiedenen Subteams, die zusammenarbeiten. Sobald das Framework definiert ist, arbeiten wir eng mit lokalen Teams – und davon gibt es viele – in jedem Markt und jeder Abteilung zusammen, um das globale Framework an die lokalen Bedürfnisse anzupassen. Denn sie verstehen nicht nur unser Framework, sondern auch, wie man ihn auf lokaler Ebene mit einer ganz eigenen Note anpassen kann. Alle Teams – Fluggesellschaften, Kreuzfahrten, Hotels – arbeiten mit dem globalen Framework. Wir gewährleisten die Anpassung durch regelmäßige Kommunikation, das Verständnis der Marktanforderungen und die Ermöglichung eines gewissen Maßes an Flexibilität innerhalb der allgemeinen Markenvision je nach Einzelfall.
Wie klärt ihr Mitarbeitenden über eure Marke auf?
Wann immer wir etwas Neues erstellen, sei es ein Leitfaden oder ein Projekt, beginnen wir mit der Zusammenarbeit: Wir involvieren Kolleg:innen in die Entwicklung neuer Inhalte und Kampagnen. Wir versuchen, die richtigen Leute von Anfang an einzubeziehen. Das hilft allen, zu verstehen, wie und warum etwas geschaffen wird. Außerdem verfügen wir in jedem Markt über ein Netzwerk von Brand Champions, die uns regelmäßig Feedback und Verbesserungsvorschläge geben, wenn sie auf Probleme stoßen oder Dinge fehlen, die wir dann gemeinsam angehen können. Dieser ständige Austausch und die Zusammenarbeit helfen uns, die Mitarbeitenden zu schulen und sicherzustellen, dass sie die Marke und ihre Entwicklung verstehen.
Wie beurteilt ihr den Einfluss der Markeninfrastruktur?
Wir bewerten den Einfluss der Markeninfrastruktur anhand von drei Hauptpfeilern:
- Überprüfung der CX-Touchpoints: Audits an Reisezielen, Flughäfen, Kreuzfahrten und anderen Berührungspunkten durchführen, um die Übereinstimmung mit den Markenstandards zu gewährleisten und die Effektivität und Angemessenheit dieser Berührungspunkte in der Praxis zu bewerten.
- Testen und Entwickeln: Umfangreiche Tests durchführen, wenn neue Elemente, wie zum Beispiel Richtlinien, entwickelt werden. Anschließend werden deren Wirksamkeit bei den Kund:innen evaluiert – auch durch TV-Werbung und in verschiedenen Märkten.
- Kontinuierliche Marktforschung: Die Leistung und Entwicklung der Marke fortlaufend bewerten. Hierbei werden Schlüsselkennzahlen wie Markenbekanntheit, Markenerwägung und Markenidentifikation im Laufe der Zeit verfolgt, um Verbesserungen und Erfolge zu messen.
Was ist der perfekte Mix zwischen einem starken Markenerlebnis und einem funktionalen Brand Portal?
Es gibt kein Entweder-oder. Es geht Hand in Hand. Um ein starkes Markenerlebnis zu schaffen, ist es wichtig, eine funktionale Plattform mit einem kohärenten Marken-Overlay zu kombinieren. In der Tourismusbranche arbeiten beispielsweise viele Fluggesellschaften mit demselben Flugzeugtyp. Um jedoch ein einheitliches Markenerlebnis zu schaffen, fügen wir Elemente wie die TUI-Markenfarben, die Werte, das Verhalten, und mehr hinzu, um den gewünschten Standard zu schaffen. Dieses Prinzip gilt auch für andere Kontexte. Es ist wichtig, eine zuverlässige und funktionale Grundlage zu haben, ähnlich wie bei einem gut funktionierenden Flugzeug. Aber es ist ebenso wichtig, sie mit einem unverwechselbaren Markenerlebnis auf konsistente und professionelle Weise zu überlagern.
Welches sind deine drei Tipps für ein effizientes Brand Management?
Wir schauen uns die drei C's des Brand Managements an: Collaboration (Kollaboration), Convenience (Annehmlichkeit) und Consistency (Konsistenz).
- Collaboration: Kollaboration ist in allen Bereichen der Markenentwicklung und -verbesserung essentiell. Es ist wichtig, eng mit den Personen zusammenzuarbeiten, die täglich mit der Marke zu tun haben.
- Convenience: Markenbezogene Ressourcen und Informationen sollten leicht zugänglich und benutzerfreundlich sein. Die Markeninfrastruktur sollte so gestaltet sein, dass alle Beteiligten mühelos auf das zugreifen können, was sie brauchen.
3.Consistency: Die Wahrung der Konsistenz ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere in einem großen Unternehmen mit mehreren Märkten. Unabhängig vom Standort oder Berührungspunkt – zum Beispiel dem Flugzeug oder dem Hotel – ist es wichtig, ein Gefühl der Einheit innerhalb der Marken-"Familie" zu gewährleisten. Konsistenz ist nicht gleichbedeutend mit Starrheit, sondern beinhaltet eine angemessene Anpassung an verschiedene Märkte unter Beibehaltung der zentralen Markenelemente.